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Reportage: Rettungsdienst BIOS in Dänemark

Am 1. September 2015 war es soweit, das niederländische Unternehmen BIOS hat in der Region Süddänemark den Rettungsdienst übernommen. In einer Ausschreibung aus dem Jahr 2014 setzte sich BIOS gegen den bisherigen Anbieter Falck durch. Falck hatte bis dato in Dänemark eine Art Monopolstellung im Rettungsdienst. Am 1. September 2015 um Mitternacht nahmen die Rettungswachen von BIOS ihren Betrieb auf. Nach rund einem halben Jahr werden die kritischen Stimmen lauter, BIOS mangelt es in Dänemark derzeit vor allem an Personal um die geforderte Mindestbesetzung zu erreichen. Von Strafzahlungen für das erste Quartal 2016 ist die Rede. Überstunden und Extraschichten waren und sind in einigen Regionen die Folge. Gegen diese Extrabelastung geht Bios nun erneut in die offensive und versucht vor allem auf dem deutschen Arbeitsmarkt weiteres Personal zu finden. Schon mit Beginn der Aufnahme des Rettungsdienstes wurden viele Rettungsassistenten aus Deutschland eingestellt, derzeit sind es rund 100, die auf den 36 Rettungswachen ihren Dienst versehen.

Weiterbildung deutscher Fachkräfte

Patrick Wacker (li.) und Tim-Ole Heinemeier

Patrick Wacker (li.) und Tim-Ole Heinemeier

Zwei von Ihnen sind Tim Ole Heinemeier (24) und Patrick Wacker (36), beide von Beginn an dabei und haben den Schritt nach Dänemark zu gehen nicht bereut. „Ich habe zuvor im Rettungsdienst der Berufsfeuerwehr Flensburg gearbeitet und nicht lange gezögert, als das Stellenangebot von BIOS kam“, berichtet Heinemeier, „ich war auf der dänischen Schule und habe schon vor einigen Jahren in Dänemark gearbeitet.“ Patrick Wacker hat einen etwas weiteren Weg hinter sich. „Bis zu meinem Dienstbeginn bei BIOS in Dänemark bin ich in Konstanz beim Roten Kreuz im Rettungsdienst gefahren, zufällig habe ich über Facebook erfahren, dass hier deutsche Rettungsassistenten gesucht werden und habe nicht lange gezögert“, so Wacker, „es war schon lange mein Wunsch eines Tages nach Skandinavien zu gehen und die Chance habe ich dann nach 13 Jahren Rettungsdienst in Deutschland ergriffen.“

Bios_20160810Etwa 550 Mitarbeiter braucht Bios um die geforderte Vorgaben im Rettungsdienst in Dänemark zu erfüllen. Ohne die deutschen Rettungsassistenten wäre der niederländische Anbieter noch deutlich weiter von diesem Ziel entfernt, als er es derzeit ist. Für Heinemeier und Wacker war es nicht nur der finanzielle Aspekt, der den Wechsel ins Nachbarland attraktiv machte: „Es ist eine andere Zusammenarbeit hier bei uns in Dänemark, Kameradschaft wird sehr groß geschrieben, es wirkt alles noch familiärer als ich es bisher erlebt habe“, so Heinemeier. Deutsche Rettungsassistenten von heute auf morgen in Dänemark zu Einsätzen zu schicken, dass funktioniert hingegen nicht so ohne weiteres. Zum einen gilt und galt es die Sprachbarriere zu überwinden und den gleichen Standard bei der Ausbildung zu Bios_20160808gewährleisten. So mussten die deutschen Rettungsassistenten, die teilweise ohne jede sprachliche Vorkenntnisse gekommen sind, zunächst einen einmonatigen Sprachkurs absolvieren, ehe es in eine 14-wöchige Einführung ging. Innerhalb dieser 14 Wochen werden die sprachlichen Kenntnisse intensiviert, Praktika durchgeführt und die Arbeitsabläufe im dänischen Rettungswesen trainiert. Am Ende dieser Weiterbildung folgt für jeden einzelnen ein Abschlussgespräch auf Anerkennung zum Behandler, wie der Rettungsassistent in Dänemark heißt. Sind all diese Hürden genommen, so geht es als erster bzw. zweiter Mann auf dem Rettungswagen zu den Einsätzen.

Unterschiede zum Nachbarland

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Zwischen dem dänischen und dem deutschen Rettungswesen gibt es einige Unterschiede. Während es in Deutschland in der Notfallrettung Rettungswagen und Notarzteinsatzfahrzeuge gibt, so gibt es in Dänemark an einigen Standorten noch sogenannte Paramediziner, die ähnlich wie Notärzte bei Bedarf mit einem PKW zusätzlich zum Rettungswagen an die Einsatzstellen ausrücken. Was die Kompetenzen angeht, so darf der dänische Behandler bereits mehr Medikamente geben als in Deutschland der Rettungsassistent oder der Notfallsanitäter, der Paramediziner hat zusätzlich weitere Kompetenzen. Während die Wege in Deutschland, auch in Schleswig-Holstein,  von Notfallorten zur nächsten Klink verhältnismäßig kurz sind, so gilt es in Dänemark oftmals deutliche weitere Strecken zurückzulegen. Fünfzig Minuten und mehr mit Patienten in Kliniken mit Maximalversorgung zu fahren, sind keine Seltenheit. Besonders an der Westküste sind die Wege zum nächsten Krankenhaus sehr weit. Auf diese Entfernungen ist das dänische Rettungswesen ausgelegt. Die Rettungswagen sind kleiner, leichter und vor allem schneller als die Fahrzeuge in Deutschland. Bios_20160814Während man in Deutschland Patienten an der Einsatzstelle teilweise umfangreich erstversorgt und stabilisiert, so versucht man in Dänemark die Vor-Ort-Zeit so gering wie möglich zu halten. „Wir müssen den oft langen Weg ins Krankenhaus immer im Hinterkopf haben“, berichtet Patrick Wacker, „gerade an der Westküste, wo ich hauptsächlich fahre, brauchen wir länger in die Krankenhäuser und müssen zügiger in Richtung Krankenhaus um nicht zu viel Zeit zu verlieren. Traumapatienten sollen nach Möglichkeit nach rund zehn Minuten auf dem Weg in die Klinik sein.“ Notärzte und Paramediziner gibt es an der Westküste ebenfalls weniger als in anderen Regionen Dänemarks. Die Behandler sind hier häufiger auf sich alleine gestellt, als es im Nachbarland Deutschland der Fall ist. Selbst Herzinfarktpatienten werden nicht selten ohne vorherige Untersuchung durch einen Notarzt in die Notaufnahmen gefahren. Zeit ist in einem Flächenland wie Dänemark wichtig. Unterschiede, die sich jedoch nicht auf die Qualität der Versorgung auswirken.

Hohe Akzeptanz in der Bevölkerung

Bios_20160815In Apenrade, wo Tim Ole Heinemeier seit rund einem halben Jahr seinen Dienst verrichtet, ist die Situation schon etwas anders als in der Fläche an der Westküste. „Wir haben hier nicht ganz so lange Wege in die Kliniken, wie anderorts, doch auch von Apenrade fahren wir etwa 50 Minuten bis nach Odensee, wo sich die nächste Klinik mit Maximalversorgung befindet.

Bios_20160805Nach dem Wechsel vom ehemaligen Betreiber des Rettungsdienstes Falck zu BIOS hatte man zunächst Akzeptanzverluste in der Bevölkerung vermutet, doch nach Aussagen der deutschen Mitarbeiter in Apenrade ist genau das Gegenteil der Fall. „In Dänemark ist der Beruf des Behandlers noch angesehener als in Deutschland, unabhängig vom Betreiber des Rettungsdienstes, wir fühlen uns überall herzlich willkommen, ob Falck auf den Autos steht oder jetzt eben BIOS, man ist überall froh wenn wir kommen uns das wir rund um die Uhr da sind“, so Heinemeier, „in Deutschland kam es schon immer mal wieder vor, dass man beschimpft wird oder Patienten auch mal handgreiflich werden, das scheint in Dänemark deutlich seltener vorzukommen.“

36 Standorte

Bios_20160806Vier verschiedene Arbeitszeitmodelle gibt es an den BIOS-Standorten in Dänemark. Beim Modell 87 sind 87 Dienste im Jahr zu verrichten, dabei handelt es sich um 24h Dienste mit 720 Minuten Bereitschaft. Sind diese 720 Minuten (12 Stunden) mit Einsätzen absolviert, so zahlt BIOS für jeden weiteren Einsatz in den verbleibenden 12 Stunden einen nicht geringen Zuschlag. Die Modelle 89, 92 und 103 halten eine effektive Arbeitszeit von 7:30-15.30 Uhr vor und in der verbleibenden Zeit 300 Min, 258 Minuten bzw.  150 Minuten Bereitschaft.

Bios_20160807Dutzende neue Rettungswagen wurden von BIOS 2014 und 2015 für den Dienst an den 36 Standorten bestellt, hinzu kamen Notarztfahrzeuge und Einsatzwagen für die Paramediziner. Unterschiede bei den Fahrzeugen gibt es dabei nicht, jedes Fahrzeug ist gleich, so dass man sich egal an welchem Standort man gerade arbeitet, immer zurechtfinden kann.  „Die Fahrzeuge sind vom Gewicht auf maximal 3500kg gelastet, so dass sie jeder mit dem normalen PKW Führerschein fahren kann“, so Heinemeier, „im Fahrzeug befindet sich nur, was man vor Ort wirklich braucht. In den Schränken ist Material für 2-3 Einsätze vorrätig. Im Vergleich zu den Fahrzeugen in Deutschland sind die Wagen kleiner und der Platz im Patientenraum etwas enger.“

In Teil zwei unserer Reportage über den neuen Betreiber des Rettungsdienstes im Süden Dänemarks lest ihr in der kommenden Woche alles über die Technik und die Ausstattung der Rettungswagen, die nicht unerheblich von der deutschen abweicht!

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