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Sanitäts- und Rettungsdienst in Wacken – ein Blick hinter die Kulissen

wenn aus 1800 Einwohnern fast 100.000 werden

Foto: ICS Festival Service GmbH
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75.000 Hevy-Metal-Fans tummeln sich in Wacken

03. Oktober 2014 – Wacken: Es gilt mittlerweile als das größte Heavy-Metal-Festival der Welt, die Rede ist vom Wacken Open Air. 75.000 zahlende Zuhörer bevölkern Jahr für Jahr im Hochsommer das 1800 Einwohner zählende Örtchen Wacken. Zählt man alle Personen (Mitarbeiter, Security, Polizei, Rettungsdienste…) hinzu, so befinden sich während der Veranstaltungswoche gut 100.000 Menschen in und um Wacken. Aus einem kleinen Örtchen wird binnen weniger Tage eine mittelgroße Stadt, einmalig in Deutschland. Der schlagartige Bevölkerungsanstieg sorgt jährlich dafür, dass auch die Behörden reagieren müssen um die Sicherheit und vor allem auch die Gesundheit aller Festivalteilnehmer gewährleisten zu können. So ist es wenig überraschend, dass neben den Heavy-Metal-Fans auch hunderte Einsatzkräfte von Polizei, Rettungsdienst, Feuerwehr und anderen Hilfsorganisationen anreisen, die meisten von ihnen freiwillig und ehrenamtlich.

Ein Teil des Geländes von Rettungs- und Sanitätsdienst

Ein Teil des Geländes von Rettungs- und Sanitätsdienst

Mitten auf dem Festivalgelände, unweit der großen Hauptbühnen, befindet sich eine kleine Zeltstadt, die von Rettungsdienst, Sanitätsdienst und der Polizei. Seit zehn Jahren wir der Sanitätsdienst vom DRK Kaltenkirchen organisiert und durchgeführt, der Rettungsdienst von der RKiSH (Rettungsdienst Kooperation in Schleswig-Holstein). Nils Bade vom DRK Kaltenkirchen ist bereits ein alter Hase und schon jahrelang dabei. Er erinnert sich noch gut an den Anfang im Jahr 2005, wo das DRK Kaltenkirchen erstmals den Sanitätsdienst übernommen hat. „Damals waren es „nur“ rund 40.000 Festivalbesucher, also fast die Hälfte von heute“, so Nils Bade, „aus den rund 1000 Patienten damals werden in diesem Jahr in etwa 3800-4000 werden.“ Um 2005 ausreichend Sanitäter und Helfer auffahren zu können, startete das DRK damals einen Aufruf beim Radiosender RSH. Heutzutage läuft das ein wenig anders ab, wie Nils Bade erläutert: „Man kann sich bei uns für den Sanitätsdienst in Wacken online bewerben, etwa 850-900 Sanitäter, Rettungsassistenten und Notärzte nehmen diese Möglichkeit wahr, von denen wir etwa 450

Der Empfangsbereich der "Notaufnahme"

Der Empfangsbereich der „Notaufnahme“

auswählen und mit nach Wacken nehmen.“ Das DRK Kaltenkirchen selbst stellt lediglich 30 Einsatzkräfte, der Großteil stammt von unterschiedlichsten Hilfsorganisationen. Die freiwilligen Helfer kommen dabei aus dem ganzen Bundesgebiet, sowie aus Holland und Österreich. Nicht nur der Andrang bei den Teilnehmern des Festivals, die Tickets für 2014 waren nach 43 Stunden ausverkauft, ist groß, sondern auch die Bereitschaft an Freiwilligen für den Sanitätsdienst.

Notaufnahme, Krankenstation, Apotheke und Chirurgie in einem Zelt

Die geländegängigen Einsatzfahrzeuge des DRK

Die geländegängigen Einsatzfahrzeuge des DRK

Offizieller Festivalbeginn ist der Donnerstag, doch reisen jährlich unzählige Heavy-Metal-Fans bereits Anfang der Woche an um sich auf den gigantischen Campinggrounds die besten Plätze zu sichern und das Wacken-Feeling möglichst lange auszukosten. Somit beginnt auch bereits Anfang der Woche der Einsatz für den Sanitäts- und Rettungsdienst. Das DRK betreibt in Wacken vier Einsatzabschnitte, einen Behandlungsplatz mit mindestens 30 Behandlungseinheiten, eine Unfallhilfsstelle im Eingangsbereich des Infield, eine Unfallhilfsstelle im Bereich der Bühne und eine Unfallhilfsstelle im Bereich Bullhead City / Wackinger. Hinzu kommen Fußtrupps, die auf dem rund 220 Hektar großen Gelände unterwegs sind. Dutzende Rettungsmittel stehen dem DRK für Einsätze auf dem Gelände zur Verfügung, darunter unter anderem auch sieben Quads, die parallel zu einem KTW (10 stehen dem DRK zur Verfügung) oder einem RTW (5 hält das DRK vor) bei einem Einsatz zum Patienten fahren. „Der Grund dafür, dass wir uns für den Sanitätsdienst Quads organisiert haben ist einfach, im Jahr 2008 sind wir hier bedingt durch Starkregen so richtig abgesoffen und hatten enorme Schwierigkeiten mit den großen und schweren Krankenwagen über das Gelände zu kommen“, erzählt Nils Bade. Fünf 7,5 Tonnen

Nils Bade an einem der Behandlungsplätze

Nils Bade an einem der Behandlungsplätze

LKW mit Material fährt das DRK in Wacken auf um auf dem großen Behandlungsplatz und den Unfallhilfsstellen eine umfangreiche medizinische Versorgung gewährleisten zu können. Von der einfachen Kopfschmerztablette, über Infusionen bis hin zu chirurgischem Besteck, die „Apotheke“ hält tausende Einheiten an Medikamenten und medizinischen Gerätschaften vor.

Der Ablauf bei einem Einsatz auf dem Festivalgelände ist in der Regel immer der gleiche. Patienten, die den Behandlungsplatz nicht mehr eigenständig aufsuchen können, alarmieren über Notruf oder den Sicherheitsdienst die Helfer. Ein Krankenwagen und ein Quad rücken dann zum Patienten aus. In besonders ernsten Fällen rückt auch ein Notarzt mit aus, dieser verfügt ebenfalls über ein Quad und ist somit auf dem gesamten Gelände mobil. „In der Regel sind wir binnen acht Minuten beim Patienten“, berichtet Nils Bade. „Probleme auf dem Gelände durchzukommen gibt es keine, ganz im Gegenteil, die Festivalbesucher unterstützen unsere Einsatzkräfte wo sie nur können, es kommt schon vor das Besucher unserem Sanitätsdienst in Footballermanier den Weg frei machen“, so Bade weiter. In dem großen Zelt auf dem Behandlungsplatz werden die Patienten erstversorgt und dort entscheidet sich dann ein möglicher Weitertransport in die umliegenden

Beim Transport in die Krankenhäuser kommt die RKiSH ins Spiel

Beim Transport in die Krankenhäuser kommt die RKiSH ins Spiel

Krankenhäuser. Was Art und Schwere der Verletzungen und Erkrankungen angeht, so gibt es in Wacken einen ähnlichen Querschnitt wie in der Notaufnahme einer von der Größe vergleichbaren Stadt. „Leichte chirurgische Verletzungen, Blasen an den Füßen, Verbrennungen, Schnittwunden und alkoholbedingte Ausfälle kommen an den Veranstaltungstagen vor“, erklärt Nils Bade. „Aber auch schwerwiegende Notfälle wie Herzinfarkte, Schlaganfälle oder Kreislaufprobleme laufen hier bei uns auf und kommen in Wacken vor.“ Benötigt ein Patient einen Transport in eine Klinik, so kommt der Rettungsdienst ins Spiel. Den Transport und die weitere Versorgung / Betreuung übernehmen dann die Kollegen der RKiSH.

Größte Rettungswache in Schleswig-Holstein

Zwei Sanitäter auf dem Gelände in Wacken

Zwei Sanitäter auf dem Gelände in Wacken

Während der Festivalwoche befindet sich in Wacken die größte Rettungswache Schleswig-Holsteins. Zehn Rettungswagen und zwei Notarzteinsatzfahrzeuge (NEF) sind hier im Einsatz um Patienten im Ernstfall zur weiteren Behandlung in Kliniken zu fahren. Um dieses große Kräfte- und Fahrzeugaufgebot koordinieren zu können, befindet sich auf dem Festivalgelände, hinter den Hauptbühnen die örtliche und technische Einsatzleitung. Hier laufen alle Fäden zusammen und hier beginnt und endet die Planung aller Einsätze rund um das Wacken Open Air. In den Containern der Einsatzleitung befinden sich Arbeitsplätze, die ähnlich derer in den Leitstellen im Land ausgestattet sind und die gleichen Funktionen bieten. Notrufe, die unter 110 oder 112 in der Rettungsleitstelle West auflaufen und Notfälle auf dem Open-Air-Gelände melden, werden direkt in die Einsatzleitung in Wacken durchgestellt und hier weiter bearbeitet. Um die größte Rettungswache des Landes betreiben zu können ist ein 145-köpfiges Team vor Ort. „Wir decken das Wacken Open Air zusätzlich zu unserem normalen Betrieb in den vier Kreisen

Mit den kleinen, wendigen Quads kommt man überall gut durch

Mit den kleinen, wendigen Quads kommt man überall gut durch

Dithmarschen, Pinneberg, Rendsburg-Eckernförde und Steinburg ab“, berichtet Christian Mandel von der RKiSH. Um auch während der Haupt- An- und Abreisetage Notfalltransporte ohne Behinderungen durchführen zu können, haben sich die Verantwortlichen in Wacken in Zusammenarbeit mit den Behörden und dem Rettungsdienst ein ausgeklüngeltes Konzept überlegt. „Gerade die Logistik wurde in Wacken in den vergangenen Jahren kontinuierlich verbessert“, lobt Mandel. „Unsere Rettungsmittel haben nahezu überall freie Fahrt und geraten nicht in die Gefahr in Staus festzustecken“, so Mandel.

Nachmittags wenn Wacken erwacht

Unterschiedliche Arten von Verletzungen und Erkrankungen werden im Zelt behandelt

Unterschiedliche Arten von Verletzungen und Erkrankungen werden im Zelt behandelt

Am frühen Nachmittag eines jeden Veranstaltungstages erwacht die Zelt- und Campingstadt Wacken langsam aus dem Schlaf. 75.000 Festivalbesucher und tausende Helfer starten in den neuen Tag. Für den Behandlungsplatz des Sanitätsdienst bedeutet dies so langsam ein volles Haus. „Nach dem Aufstehen entdeckt so mancher die Blessuren der vergangenen Nacht, vor allem an den Extremitäten stellen sich dann nicht selten kleinere Verletzungen dar“, so Nils Bade vom DRK. „Die meisten suchen dann eigenständig den Weg zu uns, werden bei uns am Zelteingang in Empfang genommen und bei Bedarf an einen der Behandlungsplätze gebracht, wo Sanitäter oder Ärzte sich um die Verletzungen oder Erkrankungen kümmern.“ Für die Festivalteilnehmer die weniger chirurgische oder internistische Probleme haben, sondern einfach nur einen über den Durst getrunken haben oder aufgrund der sommerlichen Temperaturen mit einem schwachen Kreislauf zu tun haben, gibt es hier ebenfalls eine entsprechende Versorgung. „Ich bin am letzten Abend auf dem Weg zu meinem Zelt mit meinem Fuß umgeknickt, hab mir da zunächst nichts weiter bei gedacht, aber heute Morgen tauchten dann Schmerzen auf und ich bin zu den Sannis gegangen. So schnell wie einem hier geholfen wird, einfach gut“, meinte Sönke Carstens und verließ mit dem Wacken-Gruß den Behandlungsplatz.

Wacken_Rescue__20140027Das Wacken Open Air, wenn aus einem beschaulichen Örtchen in Schleswig-Holstein eine Großstadt wird, dann rücken hunderte Helfer von Sanitäts- und Rettungsdienst an um den friedlichen Charakter des Festivals noch zu unterstreichen und die Sicherheit aller zu gewährleisten. 2015 geht es weiter, schon jetzt mit einem neuen Rekord, die 75.000 Tickets waren binnen 12 Stunden ausverkauft und auch dann werden die vielen hundert freiwilligen Helfer wieder da sein!

Im zweiten Teil der Reportage über das Wacken Open Air haben wir uns die Arbeit der Polizei in Wacken angeschaut. Für viele Beamte ist es die friedlichste Großveranstaltung im Land.

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