Reportage: Unterwegs mit den Höhenrettern der BF Flensburg
Nicht nur die Polizei hat Spezialeinheiten und Sondereinsatzkommandos, auch bei den Feuerwehren gibt es sie, die Spezialisten für schwierige Einsatzlagen. Bei der Flensburger Berufsfeuerwehr gibt es gleich mehrere dieser Einsatzgruppen, die sich auf bestimmte Aufgabenfelder spezialisiert haben. ABC-Erkunder, Feuerwehrtaucher oder die Höheneinsatzgruppe. Letztere haben wir bei einer Übung begleitet und gleich zu Beginn die wichtigste Eigenschaft kennengelernt, die Schwindelfreiheit. „Eine maximale Höhe gibt es nicht“, erklärt der Leiter der Höheneinsatzgruppe Torsten Andresen, „wir helfen dort, wo wir gebraucht werden.“
Retten aus großen Höhen oder Tiefen, aber wir sind hier doch in Flensburg, flaches, plattes, norddeutsches Weideland, wenn der norddeutsche von Höhen redet, dann wird er nicht selten belächelt. Aber auch in Flensburg und dem Umland kann es Einsatzszenarien geben, wo eben diese Höhenretter zum Einsatz kommen. „Mögliche Einsatzstellen gibt es für uns viele“, so Andresen, „das kann der Baumpfleger sein, der oben in der Baumkrone verunfallt, es kann ein Fallschirmspringer sein, der an einem Gebäude oder in einem Waldstück hängen geblieben ist , es kann aber auch der Matrose auf einem Schiff sein, der tief im Laderaum gestürzt ist oder zum Beispiel ein Monteur, der im Inneren einer Windkraftanlage ein medizinisches Problem erlitten hat.“ Letzteres Fallbeispiel bot die Grundlage für einen Übungstag Mitte Mai. In einer Windkraftanlage des Bürgerwindparks Dollerup wurden unterschiedliche Situationen nachgestellt und trainiert. Das Team um Leiter Torsten Andresen musste zunächst eine kollabierte Person auf halber Höhe der Anlage retten. Angenommen wurde ein medizinisches Problem, das dazu führte, dass der Mann beim Aufsteigen an der Steigschiene nicht mehr weiter konnte. Thore Theemann, Marco Bayer, Dennis Lübker und Sven Jacobsen mussten im Team die Rettung des verunglückten vornehmen.
Seit 2002 gibt es die Höhenretter in Flensburg. „Wir haben damals in Flensburg festgestellt, dass die verfügbaren Mittel um Personen aus exponierten Lagen zu retten auf den normalen Einsatzfahrzeugen nicht immer ausreichen“, so Andresen, „der Blick über den Tellerrand hinaus zu anderen Berufsfeuerwehren hat dafür gesorgt, dass wir in Flensburg eine Höheneinsatzgruppe gegründet haben.“ In ihrer Einsatzmontur sehen die Kameraden der Flensburger Berufsfeuerwehr aus wie Bergretter aus den bayrischen Alpen. Und dieser Eindruck täuscht nicht, Materialien und Ausrüstung aus dem Bergsteigen, fundierte Kenntnisse und präzises Training machen aus den Feuerwehrmännern Spezialisten im Umgang mit Karabiner und Seilen. „Primär sind wir als Berufsfeuerwehr für das Flensburger Stadtgebiet zuständig, wenn Hilfe benötigt wird, dann helfen wir aber auch außerhalb“, erläutert Andresen.
In einer Windkraftanlage wie dieser kann viel passieren. Nicht nur beim Aufsteigen im Inneren der Anlage, sondern auch im Maschinenhaus in 65 Metern Höhe können Arbeiter medizinische Probleme erleiden, die einen eigenen Abstieg unmöglich machen. Über eine Luke im Boden der Anlage können nicht nur Materialien für Reparaturarbeiten mittels Seilwinde hinaufgezogen, es können, mit der entsprechenden Ausrüstung auch Personen abgeseilt werden. „Im Ernstfall steigen wir mit unserem Team und dem nötigen Equipment die Anlage über die Leiter hinauf und bereiten oben im Maschinenhaus die Rettung des Patienten vor“, so Andresen, „nach einer Erstversorgung wird dieser dann mittels Schleifkorbtrage zusammen mit einem unserer Höhenretter aus dem Maschinenhaus abgeseilt.“ Für den Patienten ist dies die schonendste Rettung.
Viele Einsätze gab es seit Bestehen der Einsatzgruppe nicht, Torsten Andresen erinnerte sich somit noch gut an die, die es gab. „Vor etwa fünf Jahren mussten wir zum Beispiel einen Monteur aus einer Windkraftanlage im Flensburger Umland retten. Vor rund zwei Jahren halfen wir bei der Rettung eines verunfallten Mannes im Frachtraum eines Schiffes. Die meisten Einsätze sind unterstützende Tätigkeiten für den Rettungsdienst. Die Höheneinsatzgruppe unterstützt in engen Treppenhäusern oder beim Retten von Patienten aus dem Fenster. Wichtig ist es für uns, dass wir regelmäßig trainieren.“ Die 65 Meter Höhe sind beim Abseilen schnell überbrückt, sicher gleiten Trage, Patient und Höhenretter zu Boden. „Heute haben wir speziell die Handhabung und Schulung von Sicherungstechniken auf dem Programm gehabt“, berichtet Andresen, „es gibt verschiedene Hilfsmittel und Techniken, bei allen ist es wichtig diese zu beherrschen und anwenden zu können.“ An Übungsobjekten mangelt es Andresen und seinen mittlerweile 10 Kameraden in der Höheneinsatzgruppe nicht. „Bei den Stadtwerken, dem Windpark Dollerup oder dem Funkmast des NDR sind wir gern gesehen Gäste.“