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Reportage: Unterwegs mit Christoph Europa 5 – schnelle Hilfe aus der Luft

Die Besatzung des Rettungshubschraubers „Christoph Europa 5“ der DRF Luftrettung ist nach einem Einsatz gerade auf dem Heimweg zu ihrer Station in Niebüll (Kreis Nordfriesland). Da kommt über Funk der nächste Auftrag. Pilot Jürgen Voiss dreht seine Maschine stark nach rechts. Mit ihm an Bord sind Notarzt Dr. Oliver Buchholtz und Rettungsassistent Christoph Beiße. Ihr neuer Kurs: Sörup in Angeln im Kreis Schleswig-Flensburg. Ein älterer Mann war in der Nacht in seiner Wohnung gestürzt. Feuerwehr und Rettungsdienst sind schon vor Ort, aber kein Arzt. Die Menschen am Boden warten auf die Helfer aus der Luft. Der Patient hat sehr hohen Blutdruck und benötigt schnell die richtigen Medikamente.

Hausnummer sind keine Hilfe

Mit 240 Kilometern pro Stunde fliegen sie über Felder, Wälder und Häuser.  „Aus der Luft den Einsatzort zu finden ist nicht immer einfach, Hausnummern erkennt man in der Regel nur von den Straßen aus“, sagt Jürgen Voiß. Navigationssysteme helfen ihnen. Bei Einsätzen wie diesen wissen Voiß und seine Kollegen meist nicht im Voraus wo sie landen werden, erst in unmittelbarer Nähe zum Notfallort wird aus der Luft eine geeignete Fläche für den Hubschrauber ausgekundschaftet. Voiß dreht eine Runde über dem Einsatzort und landet schließlich auf einer Koppel.

Rettungsassistent sichert den Landeplatz

Die Besatzung von „Christoph Europa 5“ ist ein eingespieltes Team. Jeder weiß genau, was wann zu tun ist. Am Boden verlässt zuerst Notarzt Dr. Oliver Buchholtz mit seiner Medikamententasche die Maschine, Rettungsassistent Beiße sichert den Landeplatz bis Pilot Voiss den Motor abgestellt hat. Nach einer Erstversorgung im Rettungswagen kann Notarzt Buchholtz Entwarnung geben: „Wir haben den Blutdruck senken können und uns auch um den entgleisten Blutzucker gekümmert, der Mann wird nun ohne Begleitung eines Notarztes mit dem Rettungswagen in eine Klinik gebracht.“ Noch an der Einsatzstelle erreicht die Besatzung des Rettungshubschraubers über Handy der nächste Einsatz. Ein Herzpatient muss von Husum nach Hamburg verlegt werden, wo er operiert werden soll. Anruf beim Wetterdienst. Die Bedingungen sind gut. Aber die Maschine hat keinen Sprit mehr. „Wir müssen vorher zum Flugplatz Schwesing und tanken“, sagt Voiss. „Wir haben Kerosin für rund zwei Stunden Flugzeit im Tank, auftanken können wir die BK 117 an nahezu allen zivilen oder militärischen Flugplätzen, an denen es Kerosin gibt“, erklärt Jügen Voiß. Auch das muss er bedenken, wenn er Einsätze plant. Um keine Zeit zu verlieren, wird der Herzpatient aus dem Husumer Krankenhaus nach Schwesing gebracht. Minuten nach dem Tanken hebt „Christoph Europa 5“ wieder ab. Die Kabine des Hubschraubers vibriert, die Gebäude auf dem Flugfeld werden kleiner und kleiner. Rettungsassistent Beiße gibt in das Navigationssystem die Daten des Universitätsklinikums in Hamburg-Eppendorf ein. Der Flug nach Hamburg wird etwa 35 Minuten dauern – ein vergleichsweiser langer Flug. In der Kabine ist es laut. Die drei Männer können nur über Kopfhörer miteinander sprechen.

Tower in Fuhlsbüttel gibt die Freigabe

In Hamburg starten und landen permanent große Passagierflugzeuge. Der Pilot des Hubschraubers muss sich deshalb eine Freigabe des Towers in Fuhlsbüttel holen. Die bekommt er. Wenig später setzt er zur Landung auf dem Dach des Uniklinikums an. „Klar zur Landung“, erklingt es aus den Kopfhörern, vor dem Hubschrauber wird der Dachlandeplatz der Uniklinik größer und größer. Sobald die Rotorblätter still stehen wir der Patient ausgeladen und über einen Fahrstuhl in die Notaufnahme gebracht.

Gute Gründe für Niebüll

Jetzt geht es für die Crew zurück zur Basis in Niebüll im Kreis Nordfriesland, eine Kleinstadt mit 10.000 Einwohnern, dicht an der Grenze zu Dänemark. „Christoph Europa 5“ trägt den europäischen Gedanken schon im Rufnamen. Die Luftretter sind nicht ohne Grund in Niebüll stationiert. Mit europäischen Fördermitteln aus einem Interreg-Projekt wurde die Station im Jahr 2004 aufgebaut. Schnelle, grenzenlose medizinische Hilfe in Deutschland und Dänemark – so der Grundgedanke. Nach zehn Jahren sieht es ein wenig anders aus. Die damals von beiden Seiten gewünschte Kooperation hat sich bei den Einsatzzahlen etwas geändert. Der Rettungsdienst in Dänemark hat einen neuen Betreiber. In Billund ist ein weiterer Hubschrauber stationiert. „Es macht sich bei uns schon bemerkbar, dass die Anzahl der Einsätze im dänischen Nachbarland stark gesunken sind“, berichtet Pilot Jürgen Voiß, „es gab Zeiten da sind wir täglich nach Dänemark geflogen, nun werden wir teilweise tagelang gar nicht alarmiert.“ Auch in der Stuttgarter Firmenzentrale ist der Rückgang der Alarmierungen ins Nachbarland zu verzeichnen. „Christoph Europa 5″ wird deutlich seltener nach Dänemark alarmiert, seit es in Billund einen Rettungshubschrauber gibt“, äußert sich Stefanie Kapp von der Pressestelle der DRF Luftrettung, „im Jahr 2014 flogen die Besatzungen noch 50-mal über die Grenze, 2015 nur noch 23-mal. Trotzdem ist es das Ziel der DRF Luftrettung, an der Station in Niebüll weiterhin zweisprachiges Personal einzusetzen.

750 PS bringen 3.300 Kilogramm in die Luft

Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang ist die Crew flugbereit. Notfalleinsätze und Patiententransportflüge wechseln sich dabei im täglichen Geschäft ab. Zwei Triebwerke mit je 750 PS sorgen für ausreichend Schub um den rund 3.300 Kilogramm schweren Hubschrauber vom Typ BK 117 schnell an die Einsatzstellen zu bringen. Im Inneren der Maschine hat die Crew alles, um Patienten zu versorgen: Beatmungsgeräte, Spritzenpumpen, Material für die Versorgung schwer verletzter Patienten.  „Die Arbeit im Hubschrauber ist nicht mit der in einem Rettungswagen zu vergleichen“, sagt Notarzt Buchholtz. Durch die Anordnung der Trage kommt er nur an die linke Seite des Patienten heran. Reanimieren kann er die Patienten nicht. „Mit einem Rettungswagen könnten wir mal eben rechts ranfahren, das ist mit dem Hubschrauber nicht so einfach möglich. Wir müssen vorausschauender Denken und Handeln, erst wenn der Patient für den Flug stabilisiert ist, fliegen wir los.“ Eine Unterhaltung mit dem Patienten ist während des Fluges nur sehr eingeschränkt möglich, da dieser nicht an die Bordkommunikation angeschlossen ist. „Ich muss den Patienten während des Fluges genau beobachten und deuten was mit ihm los ist“, so Notarzt Buchholtz.

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